„Perfekter Sturm“: ​​Wie China mithilfe von Elektrofahrzeugen den Spieß gegen europäische Autohersteller umdrehte
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„Perfekter Sturm“: ​​Wie China mithilfe von Elektrofahrzeugen den Spieß gegen europäische Autohersteller umdrehte

May 27, 2023

Europas Autobauer werden auf der diesjährigen Mobilitätsmesse IAA wenig zu feiern haben. Der wachsende Vorsprung chinesischer Unternehmen bei der weltweiten Umstellung auf Elektrofahrzeuge wird auf der alle zwei Jahre stattfindenden Messe in München öffentlich zur Schau gestellt, während Klimaaktivisten die Abhängigkeit europäischer Unternehmen von schmutzigen Verbrennungsmotoren und SUVs anprangern werden.

Die Zahl der chinesischen Aussteller wird sich verdoppeln, was ihr Bestreben unterstreicht, Marken wie Volkswagen, BMW, Peugeot, Renault und Fiat in ihrem Heimatland herauszufordern. Branchenexperten warnen, dass diesen bekannten Namen ein „perfekter Sturm“ bevorsteht.

Chinas rasanter Wandel zu einer Supermacht für Elektroautos, die die etablierten Automobilhersteller Europas sogar in ihrer Heimat bedroht, wird ein beherrschendes Thema auf der diesjährigen Automobilausstellung IAA in der bayerischen Landeshauptstadt München sein.

Die Präsenz chinesischer Unternehmen wird sich auf der diesjährigen Messe, die vom 5. bis 10. September für die Öffentlichkeit zugänglich ist, voraussichtlich verdoppeln, was einen tektonischen Wandel in der globalen Automobilindustrie widerspiegelt.

„In München braut sich ein perfekter Sturm zusammen“, sagte Christian Hochfeld, Leiter der Berliner Denkfabrik für saubere Mobilität Agora Verkehrswende. „Etablierte europäische Automobilhersteller stehen vor großen Herausforderungen.“

Hochfeld verwies auf Chinas Vorsprung bei Batterietechnologie, Digitalisierung, Wettbewerbsfähigkeit und Automatisierung der Produktion. Er wies auch auf die Abhängigkeit konventioneller Automobilhersteller von fragilen Lieferketten hin, die vom ostasiatischen Land dominiert werden, sowohl bei Rohstoffen als auch bei Produkten wie Batterien und Elektronik.

Darüber hinaus haben die Automobilhersteller mit einer Absatzkrise in Europa, hohen Energiepreisen und einem Fachkräftemangel zu kämpfen, sagte Hochfeld gegenüber Clean Energy Wire.

Auch Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management, warnte davor, Rekordgewinne konventioneller Automobilhersteller als Indikator für zukünftige Erfolge zu betrachten.

„Im Moment geht es ihnen vielleicht noch gut, aber es droht Ärger“, sagte Bratzel.

„China ist wie ein Vergrößerungsglas des Übergangs. Was wir in Zukunft im globalen Maßstab sehen werden, lässt sich bereits heute in China beobachten.

„Elektrifizierung und Digitalisierung sind weitaus weiter fortgeschritten als in Europa und die heimische Konkurrenz ist in China besonders in der Elektromobilität sehr stark.“ Die etablierten Automobilhersteller haben eine Menge Arbeit vor sich.“

Bundeskanzler Olaf Scholz wird der offiziellen Eröffnung beiwohnen und die politische Bedeutung der vom Automobilverband VDA ausgerichteten Veranstaltung unterstreichen. Die IAA ist eine der weltweit bedeutendsten Veranstaltungen der Automobilindustrie und blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zurück.

Die früher als Frankfurter Automobilausstellung bekannte Veranstaltung wurde 2021 angesichts der Klimaproteste und des nachlassenden Interesses von Industrie und Öffentlichkeit in „IAA Mobility“ umbenannt.

Die wichtigste Neuerung in diesem Jahr ist die vollständige Trennung dieser beiden Zielgruppen. Eine traditionelle Messe richtet sich ausschließlich an Geschäftsbesucher, während Nicht-Geschäftsbesucher verschiedene Standorte in der Münchner Innenstadt kostenlos besichtigen können.

Frühere IAA-Messen hatten bereits einen Großteil ihres Fokus auf emissionsfreie Mobilität verlagert und die Aufmerksamkeit vom reinen Auto auf andere Transportmittel wie Fahrräder und Busse verlagert. Die IAA stehe „wie keine andere Veranstaltung für ein modernes und umfassendes Konzept der Mobilität“.

Die jüngsten Trends in China, dem größten Automobilmarkt der Welt, sind für die europäische Automobilindustrie, insbesondere für deutsche Marken, äußerst beunruhigende Nachrichten. Mit einem Umsatzanteil von mehr als einem Drittel ist das ostasiatische Land der wichtigste Markt für BMW, Mercedes und Volkswagen inklusive der Tochtergesellschaften Audi und Porsche.

Doch der Erfolg der deutschen Marken in China, der auf der Leistungsfähigkeit von Verbrennungsmotoren beruhte, schwindet schnell, da das Land rasch auf Elektrofahrzeuge (EVs) umsteigt.

VW verlor kürzlich seine jahrzehntelange Spitzenposition auf dem chinesischen Markt an den heimischen Konkurrenten BYD („Build Your Dreams“), der zu Beginn dieses Jahres fast 20-mal mehr Elektroautos an Kunden in China auslieferte als VW.

Keine einzige europäische Marke schafft es in die Top Ten der meistverkauften Elektromodelle Chinas. Vier von fünf in China verkauften Elektrofahrzeugen stammen von inländischen Marken – nur Tesla hat einen beträchtlichen Elektromarktanteil.

Laut der Unternehmensberatung AlixPartners dürften chinesische Autohersteller in diesem Jahr erstmals mehr ausländische Marken auf dem gesamten chinesischen Automarkt verkaufen, darunter auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Bis 2030 soll der Inlandsanteil auf 65 Prozent steigen.

„China ist auf dem Weg, eine Automobil-Supermacht zu werden“, sagte Fabian Piontek von AlixPartners der DW. Europäische Hersteller stehen zunehmend vor der Herausforderung, ihre Marktanteile im Inland zu verteidigen.

„Die Ära der Rekordgewinne der deutschen Automobilhersteller geht zu Ende“, schloss er. Dieser Wandel ist sogar auf globaler Ebene zu spüren, wo BYD im ersten Halbjahr BMW überholte.

Auch die chinesischen Newcomer beginnen, den europäischen Markt zu erobern. Von den in diesem Jahr auf dem Kontinent verkauften neuen Elektrofahrzeugen wurden acht Prozent von chinesischen Marken hergestellt – doppelt so viel wie 2021, so das Autoberatungsunternehmen Inovev.

Westliche Autohersteller sind verunsichert, und Carlos Tavares, CEO der Stellantis-Gruppe, zu der Peugeot und Fiat gehören, warnt vor einer „Invasion“ billiger chinesischer Elektrofahrzeuge in Europa.

Auch die Bilanz der deutschen Automobilindustrie fällt düster aus. „Die chinesische Automobilindustrie wird industriepolitisch massiv vom Staat unterstützt, während unsere Produktionskosten immer weiter von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit abweichen. „Das sind schwierige Bedingungen“, sagte die Leiterin der VDA-Lobbygruppe, Hildegard Müller.

Chinas Überlegenheit bei vielen Branchentrends und seine Ambitionen werden auf der IAA nur allzu offensichtlich sein, wo BYD und andere chinesische Marken eine ganze Reihe elektrischer Modelle vorstellen werden.

„BYD ist der Einführung innovativer und umweltfreundlicher High-Tech-Autos auf dem europäischen Markt wirklich verpflichtet“, sagte Michael Shu, Geschäftsführer der europäischen Abteilung des Unternehmens.

„Die IAA in München bietet uns die perfekte Plattform, um unsere neuesten BYD-Modelle zu präsentieren … Wir gehen mit großer Spannung zur Münchner Automobilausstellung.“

Als weiteres Zeichen des Zeitenwandels wird China am 6. September im Rahmen der IAA seine eigene Elektromobilitätsmesse, den World New Energy Vehicle Congress (WNEVC), veranstalten – das erste Mal, dass der WNEVC außerhalb Chinas stattfindet.

„Es ist ein starkes Signal, das deutlich zeigt, dass die chinesischen Automobilhersteller kommen und bleiben“, sagte Hochfeld. „Sie werden wahrscheinlich in bestimmten Segmenten in Europa Marktführer werden. Das wird die neue Normalität sein.“

Auch Gartner-Analyst Pedro Pacheco betonte die Bedeutung des WNEVC. „Dass die WNEVC zur IAA in München kommt, ist ziemlich symbolisch, denn wir sehen, dass chinesische Automobilhersteller immer mehr außerhalb Chinas expandieren“, sagte er gegenüber Automotive News Europe.

Er fügte hinzu, dass die Einstiegs-Elektrofahrzeuge ein offensichtliches Ziel für chinesische Spieler seien, da europäische Marken in diesem Segment „so gut wie nichts“ im Angebot hätten.

Doch Hochfeld warnte davor, dass auch chinesische Marken einen beträchtlichen Anteil am Premiummarkt erobern könnten, da sich die Aufmerksamkeit der Kunden von mechanischer Präzision – einem Markenzeichen europäischer Luxusmarken – hin zu Konnektivität und Unterhaltung verlagere, wo chinesische Marken überlegen seien.

Das Automobilberatungsunternehmen Berylls prognostiziert bereits einen „Wachwechsel“ im chinesischen Premiumsegment. Im Rennen mit traditionellen Luxusherstellern aus Deutschland überholen die Chinesen „auf der Überholspur“, sagte Berylls.

Die IAA wird auch ein Schlaglicht auf die mangelnden Fortschritte des Gastgeberlandes bei der klimafreundlicheren Mobilität werfen.

Deutschland bezeichnet sich aufgrund seiner bahnbrechenden Energiewende gerne als grüner Vorreiter. Allerdings kämpft das Land darum, die Verkehrsemissionen zu senken, die seit Jahrzehnten weitgehend stabil bleiben, da die Gewinne aus effizienteren Motoren durch schwerere Autos aufgezehrt wurden.

Der Übergang zur emissionsarmen Mobilität wird oft als „Sorgenkind“ der Klimapolitik bezeichnet und ist ein besonders sensibles Thema, da mehr als 800.000 Arbeitsplätze im deutschen verarbeitenden Gewerbe direkt von der Industrie abhängen.

Damit ist die Mobilität der Zukunft in Deutschland bereits zum Wahlkampfthema geworden. Die auf Bundesebene in der Opposition befindlichen Christdemokraten (CDU) und die in einer Bundeskoalition regierenden Freien Demokraten (FDP) versuchen, Wähler mit einer automobilfreundlichen Politik zu locken.

Beispielsweise hat die neue CDU-geführte Regierungskoalition der Stadt Berlin nach einem erfolgreichen Pro-Auto-Wahlkampf Anfang des Jahres Radwegeprojekte zur Erhaltung von Parkplätzen gestoppt. Im Vergleich zu einer rasant wachsenden Zahl anderer europäischer Städte wie Amsterdam, Barcelona oder Paris hinkt die deutsche Hauptstadt beim Thema nachhaltige Mobilität bereits weit hinterher.

Unter starkem Druck der FDP bestand die Bundesregierung Anfang des Jahres auf Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe im EU-Vorstoß für klimafreundliche Autos und verärgerte damit die europäischen Partner.

Diese mit erneuerbarem Strom hergestellten Kraftstoffe könnten Verbrennungsmotoren das Leben schwer machen, werden von den meisten Experten jedoch als ungeeignete Option angesehen, da sie im Vergleich zu Elektromotoren äußerst ineffizient sind.

Auch Deutschland hinkt seinen eigenen Zielen für die Einführung von Elektroautos hinterher. „Der aktuelle Stand der Dinge deutet darauf hin, dass das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Elektrofahrzeugen im Jahr 2030 um 50 Prozent verfehlt wird“, so das Center of Automotive Management (CAR).

Vor diesem Hintergrund wird die IAA von industrie- und regierungsfeindlichen Protesten begleitet sein. Unter dem Label „BlockIAA“ zusammengeschlossene Klimaaktivisten rufen zu einer Großdemonstration am 10. September auf. Darüber hinaus werden rund 1.500 Aktivisten zu einem „Mobility Transition Camp“ in einem zentralen Münchner Park erwartet.

Sie wird ein Alternativprogramm zu den IAAs bieten, das über „Auswege aus der Falle fossiler Autos“ und „hin zu einer Mobilität, die den Menschen und nicht den Aktionären der Autoindustrie zugute kommt“ spricht, so die Veranstalter, zu denen bekannte Aktivistenbewegungen wie Fridays for Future und gehören Attac Deutschland, aber auch kleinere Gruppen wie „Sand im Getriebe“, „No Future for IAA“ und „Smash IAA“.

„Wir steuern ungebremst auf eine Klimakatastrophe zu – und die Autokonzerne treten weiter aufs Gaspedal. Immer mehr Autos, immer größer und schwerer, verstopfen die Straßen, entziehen uns die Luft zum Atmen und heizen das Klima auf. Das muss jetzt aufhören“, argumentieren die Organisatoren, die auch eine Fahrraddemo und zivilen Ungehorsam planen. Sie werfen der IAA vor, „unseren öffentlichen Raum mit Scheinfahrrädern, grün getünchten Elektrofahrzeugen und protzigen Autos zu überladen“.

Um die mittlerweile zur IAA-Tradition gewordenen Klimaproteste zu kanalisieren, boten die Veranstalter der relativ radikalen Gruppe „Last Generation“, die für ihre Straßenblockaden in Deutschland berüchtigt ist, einen Ausstellungsraum an.

Doch die Gruppe lehnte zusammen mit Greenpeace und Fridays for Future die Einladung ab: „Für einen so offensichtlichen Versuch, uns zu vereinnahmen, stehen wir nicht zur Verfügung.“

Der VDA hat auch versucht, mit anderen Klimaaktivisten und Kritikern der Veranstaltung in Kontakt zu treten. So soll beispielsweise die 21-jährige Aktivistin und UN-Beraterin Sophia Kianni in der Sendung am 6. September über die von ihr gegründete Klimaschutzinitiative Climate Cardinals sprechen.

Dieser Artikel wurde ursprünglich von Clean Energy Wire veröffentlicht. Hier wiedergegeben unter einer „Creative Commons Attribution 4.0 International License (CC BY 4.0)“. Um die Originalversion zu lesen, klicken Sie hier.